Schwarz-Rot-Gold Trilogie 03 - Die Ebene brennt by Christian Voelz

Autor:Christian Voelz [Voelz, Christian]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Mystischer Roman, Magie
ISBN: 9781492261797
Amazon: 1492261793
veröffentlicht: 2013-08-25T00:00:00+00:00

15

Am frühen Morgen legte sich das sanfte Grau des beginnenden Tages auf die Gegenstände des Zimmers. Lydia lag mit geschlossenen Augen im Bett und lauschte dem Regen, der langsam einsetzte und stärker wurde. Er sprach zu ihr, sprach mit einer weichen, klopfenden Stimme, dicht bei den Fenstern. Er trug sie fort in ein fernes Land, zu einem Säugling am Flussufer, gewickelt in Tücher, gestrandet in raschelndem Schilf. Es gab eine Welt innerhalb der Welt, und es bedurfte nur eines winzigen Funkens, damit sich alles in Bewegung setzte.

Sie war noch wie betäubt, als sie aufstand. Es gelang ihr nicht sofort, zwischen Traum und Wirklichkeit zu unterscheiden, torkelte ins Badezimmer und wurde erst richtig wach, als sie duschte. Während sie sich abtrocknete, malte sie mit ihrem Zeigefinger den Buchstaben S auf den beschlagenen Spiegel über dem Waschbecken.

„Wer Simara besucht“, hörte sie sich murmeln, „der vergisst alles, was er jemals gewusst hat.“

Sie zog sich rasch an, fuhr mit dem Aufzug in den ersten Stock, und beim Durchschreiten des Flurs kam sie sich vor wie die Besitzerin einer Villa auf dem Weg zu ihren Reitställen. Mächtig, fast unbesiegbar kam sie sich vor. Es war ihre Welt, alles um sie herum gehörte ihr. Was sollte ihr also passieren? Hier in Simara fühlte sie sich lebendig, und das Auskosten der Gefahren verlieh ihrem Leben einen eigentümlichen Reiz.

Plötzlich hörte sie hinter sich Schritte. Sie wusste, dass er es war. Sie spürte seinen Blick, und als sie sich umdrehte, sah sie in Erwin Sandkühlers Augen. Er stand drei oder vier Meter von ihr entfernt, und sie merkte, dass er mit ihrer Verblüffung gerechnet hatte und sich darüber freute. Sie erkannte ihn sofort, als hätte sich sein Gesicht seit ihrer ersten Begegnung in ihr Gedächtnis eingebrannt.

„Hallo“, sagte Sandkühler.

Lydia wusste nicht, wie sie sich verhalten sollte. Angst hatte sie nicht; er sah komisch aus in diesem Anzug.

„Erinnerst du dich? Wir sind uns vor kurzem begegnet.“

Er gestikulierte etwas hilflos mit seinen Händen, als hätte er Angst, dass seine Worte nicht ausreichen würden, sich ihr gegenüber verständlich zu machen.

„Ja, ich weiß. Sie haben mich nach dem Weg zum Sportplatz gefragt. Und dann haben sie mich angerufen, aber nichts gesagt. Schon vergessen?“

Sandkühler nickte. Er schien verlegen, weil sie ihn an diesen Anruf erinnerte. Lydia nutzte die Pause und fragte: „Was machen sie hier?“

„Ich? Ich wohne hier in der Nähe. Und was machst du hier?“

„Ich schau mir die Stadt an.“

„Bist du alleine hier?“

„Ja.“

„Kein Heimweh?“

„Nö.“

Er stellte Fragen, sie antwortete; es war genau wie bei ihrer ersten Begegnung, doch dieses Mal war es anders. Lydia fühlte sich sicherer, sie hatte sich verändert.

Sie sah seinem Gesicht an, dass er sich Gedanken machte, sie konnte es fast spüren, wie er nachdachte. Er machte einen Schritt auf sie zu und sagte: „Ich hatte gehofft, dich hier zu finden.“

„Und wieso?“

Er wusste wieder nicht wohin mit seinen Händen und rieb sie gegeneinander. Lydia kam der Gedanke, dass sie irgendwann diesen Mann erschaffen hatte, aus einer Laune heraus, in einem Moment, als ihr nichts Besseres einfiel, als sich ihren Wahnvorstellungen hinzugeben, von

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